Pressemitteilung zu den Auswirkungen von COVID-19 auf die Fachärztinnen und Fachärzte in Rheinland-Pfalz

Die Folgen der Covid-19 Pandemie tangieren nahezu alle Bereiche unseres gesellschaftlichen Lebens. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen erleben im außergewöhnlichen Maß Respekt- und Dankbarkeitsbekundungen. Insbesondere von der Politik wird die außergewöhnliche Leistung gerade von niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sowie deren Mitarbeiterinnen hervorgehoben.

Die notwendigen Maßnahmen im Rahmen der medizinischen Bewältigung dieser außergewöhnlichen Situation führen aber auch für die Akteure des Gesundheitssystems zu finanziellen Belastungen bedingt durch deutliche Kostensteigerungen aufgrund Infektionsschutz-und Hygienemaßnahmen einerseits und rückläufigen Einnahmen andererseits. Während im Rahmen von Gesetzesinitiativen bereits umfassende Hilfspakete für die stationäre Versorgung verabschiedet wurden, ist für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte bisher keine adäquate Unterstützung erkennbar.

Bedingt durch die aktuelle Pandemie lassen sich Patienten im ambulanten Bereich oft aus Angst vor Ansteckung nicht mehr adäquat durch Gebietsärzte behandeln. Dies zeigt sich vor allem bei chronisch Erkrankten im somatischen und psychischen Bereich. Diese sind dadurch massiv gefährdet.

Gleichzeitig führt diese aktuelle Corona-Angst zu Mindereinnahmen bei vielen ambulant tätigen Fachärzten, die mittelfristig ihren Praxisbetrieb nicht mehr in dem notwendigen Maße aufrechterhalten können. Nach einer Umfrage vom 20.04. bei den Urologen zeigte sich in Deutschland ein massiver Rückgang bei Patientenaufkommen von ca. 50% im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die Öffnungszeiten der Praxen bleiben weitgehend unverändert. So können zum Beispiel bei den Gynäkologen Geburtstermine nicht verschoben werden und die Niedergelassenen in allen Fachgebieten halten den Kliniken Kapazitäten für Corona Patienten frei!

Am 27. März 2020 ist das „Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen“ erlassen worden. Darin sind umfassende finanzielle Hilfsmaßnahmen für Kliniken enthalten wie z.B. Entschädigungsleistungen für den Ausfall elektiver diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, Hilfen für Schutz- und Hygienemaßnahmen sowie insbesondere eine Förderung von frei gehaltenen Betten und Intensivbetten. Diese weitreichenden Maßnahmen haben unsere volle Unterstützung und sind in der aktuellen Situation nicht nur nachvollziehbar, sondern zwingend notwendig.

Für den ambulanten Versorgungsbereich, der bisher den allergrößten Teil der Behandlung der Covid-19 erkrankten Patienten abgedeckt hat (sechs von sieben Covid-19 Patienten werden ambulant behandelt), sind bisher keine vergleichbaren Maßnahmen auf den Weg gebracht worden.

Der ambulante Rettungsschirm, wie dieser gewährt wird, entpuppt sich nach aktuellen Aussagen des Vorsitzenden des Bundestags-Gesundheitsausschusses Erwin Rüddel für viele ambulant tätigen Ärzte als nicht gegeben (Ausschluss Rettungsschirm-  Kurzarbeit von Praxismitarbeitern) und ist daher ein Pseudo-Rettungsschirm! Eine Nachbesserung mit dem Ziel einer finanziellen Kalkulationssicherheit für die Praxen mit dem Ziel, dass eine Bezahlung trotz vermindert abgerechneter Leistungsmengen im regulären Umfang erfolgen wird, ist notwendig!

Auch ambulante Einrichtungen des Gesundheitswesens mussten und müssen sich grundlegend an die veränderten Rahmenbedingungen durch die Pandemie anpassen (Schutzmaßnahmen, Änderung der Ablauforganisation, bauliche Maßnahmen). Dies führt zu einer erheblichen Kostenzunahme aufgrund von Hygienemaßnahmen insbesondere mit Risikopatienten.

Nicht zuletzt ist anzumerken, dass Ärztinnen und Ärzte und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im niedergelassenen Bereich als erste Abwehrlinie gegen Corona ein nicht unerhebliches gesundheitliches Risiko auf sich nehmen. Persönliche Schutzausrüstungen stehen bisher nicht in ausreichender Zahl immer zur Verfügung.

Wir erheben daher folgende grundlegende Forderungen und erwarten in diesen Bereichen zeitnah verbindliche Zusagen zu folgenden Punkten:

  1. Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV):

Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung erwarten Vertragsärztinnen und -ärzte einen adäquaten Ausgleich für die besondere Versorgungssituation während der Pandemie. Dies muss mindestens durch eine garantierte unveränderte Fortsetzung der Abschlags- und Restzahlungen der Honorare in diesem Jahr erfolgen. Eine spätere Reduktion/Bereinigung des Honorarvolumens aufgrund von Fallzahlrückgängen darf keinesfalls erfolgen. Auch die gesetzlichen Krankenversicherungen müssen sich ihrer Verantwortung stellen und ihren Teil zur Bewältigung beitragen

  1. Bereich der privaten Krankenversicherung und Wahlleistungen (GOÄ)

Die veränderte Versorgungssituation führt zu einem Rückgang der Einnahmen aus der Behandlung Privatversicherter sowie von Wahlleistungen. Dies sind elementare Bausteine zur Finanzierung der laufenden Kosten wie Mieten, Löhne und Gerätekosten und werden durch die situationsbedingte veränderte Leistungserbringung in keiner Weise kompensiert. Hier fordern wir Ausgleichszahlungen der Solidargemeinschaft – angelehnt an die Ausgleichszahlungen für Kliniken, die elektive Maßnahmen aussetzen, um eine Notfallversorgung zu gewährleisten. Dabei müssen aus unserer Sicht auch die privaten Krankenversicherer einen Beitrag leisten.

  1. Kosten für die besonderen Hygienemaßnahmen

 Die Kosten für die besonderen Hygienemaßnahmen (Schutzausrüstung, Desinfektionsmittel, Schutzscheiben etc.) muss wie bei Krankenhäusern vom Staat übernommen werden. Hier ist auch keine Verlagerung der Kosten in den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen akzeptabel. Diese Kosten sind von der gesamten Solidargemeinschaft zu tragen und dürfen keinesfalls über Umwegen aus dem Topf der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung abgezweigt werden.

  1. Zahlung eines regelmäßigen Risikozuschlages für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Wir fordern die Zahlung eines regelmäßigen Risikozuschlages für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Praxen. Diese sollte steuerfrei an unser Personal ausbezahlt werden, um die außergewöhnlichen Belastungen und Risiken zu honorieren. Dies ist mindestens so lange angezeigt bis ausreichende Schutzausrüstungen flächendeckend zur Verfügung gestellt werden.

Ohne eine gut funktionierende ambulante gebietsärztliche Versorgung ist in unsrem Land auch eine wirtschaftliche Stabilität nach bisherigem Standard nicht gewährleitstet. Erst eine gute ambulante medizinische Versorgung der Menschen in unserem Land ist ein Garant für eine gute staatliche Stabilität in unserer Demokratie.

Zwangsverpflichtungen von medizinischem und pflegerischem Personal, wie in einigen Bundesländern im Rahmen eines Infektionsschutzgesetzes geplant war, sollten absolut verboten werden.

Alarmierte Staatsrechtler und die verfasste Ärzteschaft sehen dies ebenso!


Pressemitteilung_2020-2_COVID19_IFA-RLP